Rede Haushalt

Einbringungsrede zum DHH 21/22 als Haushalts- und Finanzpolitischer Sprecher der CDU Fraktion

Es ist das "Königsrecht" des Parlamentes: Der Sächsische Landtag befindet in den kommenden Wochen über den Doppelhaushalt 2021/22. Nachdem die Staatsregierung ihren Budget-Vorschlag eingebracht hat stehen nun den nun Parlamentariern lange Verhandlungen bevor; im Mai soll der Haushalt durch das Parlament beschlossen werden.

Zur Einbringung des Haushaltsentwurfes sprach Georg-Ludwig von Breitenbuch im Plenum. Es gilt das gesprochene Wort:

Sehr verehrter Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

fast immer war es so, daß die Staatsregierung bis zum Sommer den Doppelhaushalt auf der Regierungsseite erarbeitet hatte und er dann von den Abgeordneten bis Weihnachten hier im Landtag parlamentarisch durchgearbeitet und beschlossen wurde. Jetzt ist es anders. Wenn wir uns zu Beginn des Jahres 2021 heute hier in diesem Hohen Hause zu einer Sitzung des Sächsischen Landtages treffen hat das Haushaltsjahr 2021 schon begonnen. Wir befinden uns damit in der vorläufigen Haushaltsführung und wollen heute versprechen, uns in den kommenden Monaten anzustrengen. Um bald einen geordneten und zukunftsweisenden Doppelhaushalt für die Jahre 2021 und 2022 zu beschließen und die Regierung zu ermächtigen, in diesem vom Parlament vorgegebenen Rahmen und den entsprechenden Schwerpunkten und Begrenzungen Geldmittel einzusetzen.

Diese Geldmittel werden jeden Tag im Land von denen erwirtschaftet, die in der Wirtschaft, im Handwerk, in den Dienstleistungsbereichen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, arbeiten und Leistungen erbringen. Mit Händen, Köpfen und Herzen. Für diese Leistungen, die überhaupt diese vielfältigen Aufgabenerfüllungen unseres Staatswesens solidarisch möglich machen, sage ich herzlichen Dank von uns allen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Haushaltsrecht als Königsrecht der sächsischen Volksvertretung, des Parlaments, wie unser Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler immer sagt, ist tiefer Ausdruck unserer Demokratie, der Einmischung und Beteiligung des Volkes und der vielfältigen Suche nach klugen Lösungen in immer wieder ganz anderen Zeiten. Heute in einer Zeit, in der Regierung und das Staatswesen darauf betont warten müssen. Vielleicht wird in den kommenden Monaten dadurch besonders deutlich, was ein Parlament, was wir Abgeordnete in der Koalition wie in der Opposition leisten können, wenn wir zusammen hier debattieren und,so Gott will und wir wollen, zu guten Entscheidungen kommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit 1990, aber besonders seit der Finanzkrise 2010 konnten wir in Sachsen mit immer mehr Einnahmen und damit auch Ausgaben rechnen. Wir haben nicht nur gerechnet, sondern wir haben damit das Land vorangebracht. Vieles konnte verbessert werden, Probleme angepackt und durch unsere Entscheidungen gelöst werden. Der Landesaufbau und -ausbau konnte aus den Überschüssen der immer höheren Haushalte bezahlt und breit ins Land getragen werden.

Aber unsere Vorgänger wußten es, aus ihrer eigenen Erfahrung: es muß nicht immer so bleiben. Da ist eine Wiedervereinigung, da kommt eine Flut (oder zwei oder drei), da stürzt die Sachsenbank, da kommt eine Finanzkrise. Und immer braucht es solide Finanzen und Reserven, um die Schäden auszugleichen und trotzdem künftige Aufgaben anzugehen. In diesem Geist der eigenen sächsischen Erfahrungen ist auch das Neuverschuldungsverbot in der Sächsischen Verfassung entstanden, um immer wieder potent und handlungsfähig in neuen Krisen zu sein. Überschüsse und Sparsamkeit waren kein Selbstzweck, sondern dienten der eigenen Handlungsfähigkeit und Unabhängigkeit. Unserer Freiheit und Souveränität.

Trotzdem waren wir am Gründonnerstag 2020 beieinander und haben in einer denkwürdigen Sitzung dieses Hohen Hauses nahezu einstimmig die Aufnahme neuer Schulden für die Bewältigung der Corona-Krise beschlossen. Wir konnten das, weil wir kreditwürdig sind: durch die Tüchtigkeit unserer Menschen in Sachsen sowie der soliden Finanzen und Rücklagen. Zum ersten Mal seit 2006 haben wir die Regierung zur Aufnahme neuer Schulden ermächtigt, und das in Größenordnungen. Insgesamt ca. 6 Mrd € für insgesamt 3 Jahre. Auch aus heutiger Sicht kann ich sagen: Es war richtig, dass wir als Haushaltsgesetzgeber der Staatsregierung diese zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt haben. Und sie hat damit hart gearbeitet. Dafür unserer Staatsregierung und gerade auch dem persönlichen Einsatz unseres Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und seiner Ministerinnen und Minister herzlichen Dank.

In den vergangenen Monaten kam auch dem Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages eine besondere Rolle zu. Dort haben wir die Belegung und Umbelegung der Mittel aus dem Corona-Sondervermögen diskutiert und beschlossen, auch mit vielen Sondersitzungen. Uns war dabei stets bewusst, dass der Staat nicht allen helfen kann. Aber es war stets Anliegen der CDU-Fraktion, dass die Corona-Krise für möglichst viele Sachsen finanziell abgefedert wird. An dieser Stelle ein großer Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Haushalts- und Finanzausschuss für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Besonders möchte ich für das Verständnis danken, dass der Ausschußvorsitzende Herr Hentschel und die Kollegen der Opposition, insbesondere Herr Barth und Herr Brünler, uns und der Staatsregierung entgegengebracht haben, um den einen oder anderen dringlichen Antrag der Regierung trotz enormer Kurzfristigkeit zu behandeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

schon im April haben wir nicht nur entschieden, die kurzfristige Notsituation mit ca. 2,5 Mrd. € abzufangen, sondern auch die beiden Haushaltsjahre 2021 und 2022 mit insgesamt etwa je 2 Mrd. € zu stabilisieren. Ausfluß dieser unserer einstimmigen Entscheidungen und dieser Ermächtigungen des Landtages ist der jetzt vorliegende Doppelhaushalt. Er kann eine Brücke bauen, um das hohe Haushaltsniveau der Vergangenheit nicht abrupt abzubrechen, sondern uns Zeit zu kaufen für Entscheidungen der Veränderungen und Anpassungen mit und nach Corona. Statt nun den großen Absturz zu erleben, können wir auf Kosten der Zukunft diese Anpassung glätten und Zeit gewinnen, diese klug zu gestalten. Wir dürfen deshalb heute nicht nur 2021 und 2022 im Blick haben, sondern gerade die Jahre danach. Das wird von Beginn an Pflicht und Kür dieser anstehenden Haushaltsberatungen sein müssen.

Wir alle haben einen ersten Blick in den Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt 2021/2022 geworfen. Darauf möchte ich kurz eingehen.

Es stehen den Ressorts in den kommenden beiden Jahren ein Gesamtvolumen von etwa 43 Mrd. EUR zur Verfügung – so hoch wie noch kein Doppelhaushalt davor. Das Haushaltsvolumen 2021 beträgt 21,25 Mrd. EUR, in 2022 sind es etwa 21,7 Mrd. EUR und das trotz sinkender Steuereinnahmen. Und wir sind noch Nehmerland. Das ist nur möglich durch Kompensation der Steuerausfälle durch die Corona-Kreditaufnahme und durch erhebliche Entnahmen aus unseren Rücklagen und Sondervermögen.

Uns ist bewusst, und ich habe es bereits angesprochen, dass es gerade in diesen schweren Zeiten der Krise Stabilität braucht. Diese Stabilität bietet der Regierungsentwurf. Eine Stabilität als Signal in das Land, als Plattform des Sammelns und der Besonnenheit. Und des Aufbruchs nach Corona.

An dieser Stelle möchte ich dem Vorwurf, dass es sich um einen Sparhaushalt handelt, ganz entschieden entgegentreten. Hier wird noch gar nichts zurückgenommen, sosehr ich mir das auch schon gewünscht hätte. Jeder, der das behauptet, verkennt die Realitäten. Die Haushaltsvolumina sind höher, wieder einmal noch höher als in jedem Jahr zuvor in der Geschichte des Freistaates Sachsen. Eigentlich bleiben keine Wünsche offen.

Ich honoriere die Anstrengungen der Staatsregierung, mit diesem Regierungsentwurf nicht nur ein Zeichen der Stabilität, sondern auch der Solidität zu setzen. Und damit auch Forderungen der CDU-Fraktion zur Haushaltsaufstellung umgesetzt zu haben. Denn

  • Der Regierungsentwurf hält Regelungen des Neuverschuldungsverbotes ein.
  • Der Haushalt belässt auch einen hohen Sockelbetrag in der Haushaltsausgleichsrücklage, um auf Unvorhergesehenes schnell reagieren zu können,
  • er betreibt über die Zahlungen an den Generationenfonds weiter Vorsorge für künftige Pensionslasten unserer Beamtinnen und Beamten
  • Mit mehr als 14% Investitionsquote werden wir auch in den kommenden Jahren in die Zukunft des Freistaates Sachsen investieren.
  • Auch mit der VwVorschrift vorläufige Haushalts- und Wirtschaftsführung, die sich nach Artikel 98 Sächsische Verfassung richtet, wurde durch die Staatsregierung eine Ausnahmeregelung für die haushaltslose Zeit gegeben, die ebenfalls zur Stabilität des Landes beiträgt. Zwar bewegt sich diese Regelung in einem sehr engen und genau abgegrenzten Rahmen, aber sie gewährleistet den Bestand von Regierung und Verwaltung zur Aufrechterhaltung der Staatsfunktion und sichert eine ordnungsgemäße Weiterführung des Staatshaushaltes, ohne das parlamentarische Budgetrecht unverhältnismäßig zu präjudizieren.
  • Und wichtig ist auch die vorgesehene Zusicherung an die Kommunen, ihren Haushaltsanteil insbesondere mit dem FAG bei einem Drittel stabil zu halten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

in der Landwirtschaft gibt es die Weisheit, „die guten Jahre sind die teuren Jahre“. In diesen guten Jahren leistet man sich Dinge, die man in schlechten Jahren dann mühsam wieder auffangen muß. Wir hatten viele gute Jahre in Sachsen, nicht weil wir einfach gespart, sondern weil wir klug gewirtschaftet und nach vorn investiert haben. Und uns immer Neues und Zusätzliches leisten konnten. Daß es in dem vorgelegten Doppelhaushalt zu den nötigen Anpassungen und des Auffangens mit Blick auf 2025 gekommen wäre, kann ich nicht erkennen und bedauere das. Jedoch ist es vielleicht in einer neuen Koalition von drei Partnern, die unterschiedlich sind und bleiben wollen, nach einem Jahr einfach zuviel verlangt, gerade wenn eine Krise wie die Corona-Krise täglich ganz andere Entscheidungen erfordert hat. Lothar Späth hat einmal gesagt: „Sie glauben gar nicht, wie leicht das Sparen fällt, wenn man kein Geld mehr hat.“ Und genau so wird es kommen: Dieser Haushalt ist aufgestellt auf der Brücke einer Neuverschuldung und fast kompletten Entnahmen aus Rücklagen und Sondervermögen. Das Geld wird danach alle sein, und wir werden uns den Realitäten stellen müssen.

Wir können also nicht verschweigen und müssen schon heute darauf hinweisen, dass ab 2023 der Haushalt eine jährliche Deckungslücke im Umfang von etwa 2 Milliarden EUR aufweist. Einen Konsolidierungsbedarf von 6-700 Mio € haben wir dabei schon länger im Blick. Dieses Anpassungsvolumen ist enorm und muss uns heute schon beschäftigen. Es wird unser aller Aufgabe sein, die Weichen für einen ausgeglichenen Haushalt in den Jahren danach bereits in diesem und im kommenden Jahr zu stellen und entsprechende Entscheidungen rechtzeitig zu treffen.

Zu diesen genannten Punkten kommt noch erschwerend hinzu, dass die Ressorts mit diesem Haushaltsentwurf sehr hohe Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Jahre eingehen dürften. Damit würden wir uns zusätzlich künftiger Handlungsoptionen beschneiden– weil wir die Haushalte ab 2023 mit enormen Vorbindungen versehen. Und das obwohl wir bereits heute wissen, dass uns ab 2023 keine Sondervermögen oder Rücklagen im bisherigen Umfang mehr zur Verfügung stehen, wir Steuermindereinnahmen nicht mehr mit Krediten kompensieren können bzw. die aufgenommenen Kredite sogar zurückzahlen müssen.

Kredite heute aufzunehmen bedeuten immer, daß auch die Ausgaben der Zukunft wie Rückzahlungen und Tilgungen bereits heute in den Blick zu nehmen sind. Und es sind meist weniger die Zinszahlungen als die Tilgungsraten, die die große und langatmige Zukunftslast darstellen. Dieser Verantwortung können wir uns heute nicht entziehen. Das sind wir uns und unseren Kindern schuldig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der langjährige Oberbürgermeister von Stuttgart, Manfred Rommel, hat einmal zur Finanzpolitik gesagt, das sei die Auseinandersetzung zwischen jenen Leuten, die eine Mark haben und zwei Mark ausgeben wollen mit denen die wissen, daß das nicht geht. Das war immer so, und es wird immer so sein. Und es wird bei uns jetzt so sein. Der Haushaltsentwurf 2021/ 22 liegt ab heute bei uns. Ich danke allen in der Staatsregierung, besonders natürlich dem Staatsminister der Finanzen Hartmut Vorjohann und den Mitarbeitern im Finanzministerium, die diesen Haushalt aufgestellt und verhandelt haben.

Jetzt haben wir es im Parlament in der Hand, diesen ordentlichen Haushaltsentwurf entsprechend unserer Vorstellungen zu gestalten. Ich freue mich auf eine intensive Diskussion in den Arbeitskreisen, bei den Beratungen mit den Koalitionspartnern und in den Ausschüssen mit den Kollegen der Opposition.

Herzlichen Dank.

Georg-Ludwig von Breitenbuch